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ein ganz normaler Tag in meinem Leben Teil 2

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    ein ganz normaler Tag in meinem Leben Teil 2

    Endlich sitze ich im Bus, diesmal hab ich es mit Rennen geschafft. ...oje, meine Füße schwellen inzwischen zu undefinierbaren Klumpen an... Fahre weiter, ca. eine halbe Stunde mit der S-Bahn, noch 10 Minuten laufen, dann bin ich in der Schule.

    Jetzt muss ich nur noch den Klassenraum suchen. Die Klasse ist umgezogen, die Schule groß, aber ...Gott sei Dank... nach 5 Minuten habe ich sie gefunden. Drinnen plärrt der Kassettenrekorder ... AHA Englisch, ich versteh nämlich kein Wort... Will den Unterricht nicht stören, muss aber wieder los. Wir haben einen Termin beim Augenarzt. Der Tonträger wird ausgestellt, ich klopfe, öffne die Tür und mein Kind kommt samt Erzieher raus. ...Müde sieht er aus, und Englisch ist auch nicht sein Ding ... Ich ahne schon, wie der Tag weitergeht. Schnell noch ein paar Worte mit dem Erzieher gewechselt und wir sind auf dem Rückweg.

    Diesmal =>laufen =>S-Bahn => U-Bahn.. 45 Minuten später sind wir ohne größere Zwischenfälle wieder in unserem Stadtbezirk. Und das soll was heißen.. Mein Sohn ist Autist. Doch dank Game boy habe ich die Umwelt von ihm abgeschottet.


    Noch 50 Meter, dann sind wir bei Max. Er spielt gerade und will eigentlich nicht aufhören. Sein Freund ist auch noch da. Ich zerre an ihm rum „Wir müssen lohos“. Er packt seine 7 Sachen zusammen und verabschiedet sich. Danach zeigt er mir an der Tafel, wie man Oma und Mama schreibt. ..“Sehr Schön“.. Dann folgt eine weitere Verabschiedung. Endlich können wir gehen. Moritz sitzt inzwischen unten auf der Treppe und wartet und macht Entengeräusche ... Ich hasse diese Laute, bekomme davon jedes Mal eine dicke Gänsehaut... brülle 2 Stockwerke runter „ Lasss dasss“
    Auf dem Treppenabsatz schaue ich Max das erste Mal ins Gesicht. Brille sitzt nicht mehr auf der Nase, nächster Griff in die Mappe, Brillenetui .... leer. Ich frage energisch „WOO ist die BRILLE“ – bekomme unschuldiges Achselzucken als Antwort. Lasse Mappe und Kinder stehen und flitze wieder die zwei Etagen hoch zum Klassenraum.

    Brille nicht da. Dass mir die Hortnerin keine Beachtung schenkt, macht mich noch wütender. Ich renne die 2 Etagen wieder runter, der Schweiß steht mir auf der Stirn ...habe glücklicherweise am Morgen das make up vergessen.... Ab in den Hortbereich, alles sucht mit, weiter zum Sekretariat, auch da ist die Brille nicht. Die Sekretärin zeigt mir im Keller diverse Kisten mit verloren gegangenen Gegenständen. Ich krame das Untere nach oben und wieder zurück ... NICHTS! Mein Kind steht teilnahmslos neben mir. In 15 Minuten ist der Termin. .....Reiße mich zusammen und schüttele ihn nicht durch, nein ich bin fast immer eine anständige Mutter.....

    Trotz meines Fast-Kontroll-Verlustes renne ich zurück, das Kind trödelt hinter mir her. Ich parke Max neben Moritz auf der Treppe und stürze wieder 2 Etagen zum Klassenzimmer hoch. Jetzt läuft der Schweiß aus allen Poren, und ich weiß nicht, ob vor Anstrengung oder Wut. Öffne die Tür zum Klassenraum und eine entgeisterte Hortnerin sieht mich an ...“SIE SIND JA IMMER NOCH HIER??!!“ ... Ich laufe rot an ... glücklicherweise ist das Fenster hinter ihr geschlossen.

    Ich animiere alle Kinder zum Suchen. Jetzt endlich bewegt sich auch die Hortnerin und will zum Sekretariat gehen. Ich zische nur „Da war ich schooon!“ ... Das Nasenfahrrad bleibt weg. .... Ach ja kurze Turnhose war auch weg. Nehme mir die Sporttasche vor und finde keine kurze Turnhose, ...aber dafür die lang ersehnte BRILLE. Zum letzten Mal für heute steige ich die 2 Etagen wieder herab, sammle meine Kinder ein und weiter geht’s zum Augenarzt.

    Noch 5 Minuten, dann sind wir dran. Moritz jammert, „Ich habe Durst“ ... auch das noch... Wir laufen also noch an unserem Haus vorbei. Moritz holt die Trinkpäckchen. Ich stehe mit Max an der Ampel und warte. Plötzlich fällt mir ein, dass er Augentropfen nehmen soll, schnell in den unendlichen Weiten meiner Tasche gekramt, Tropfen raus und dem heulenden Kind in die Augen geträufelt. Die Ampel wird grün. Moritz kommt mit den Trinkpäckchen und weiter geht’s zu Frau Doktor. Dort angekommen sind beide mit Orangensaft bekleckert und wütend auf mich. ...Warum eigentlich?...

    Das Wartezimmer ist voll, da hätte ich wirklich nicht so hetzen müssen, doch wer weiß das schon im Vorfeld. Eine Frau steht auf, so dass wir drei zusammen sitzen können. Moritz hingegen zieht es vor, sich gesondert zu platzieren... na toll, dann eben nicht.

    Max setzt sich mit einem dicken Heinzelmännchenbuch im Arm neben mich...wusste gar nicht , dass über die fleißigen Männchen Enzyklopädien abgefasst wurden ... Das inzwischen halbblinde Kind verlangt von mir, dass ich vorlese.. Also hänge ich wieder mein Mutter-Animations-Lächeln raus und beginne ... „ES war einmal...“ Prompt wird Moritz aufgerufen. Was soll ich jetzt machen ??? hinterhergehen??? Oder verhindern, dass das blinde Kind vom Stuhl fällt. Ich entscheide mich für Moritz. Irgendjemand wird Max schon aufheben, vielleicht sogar vorlesen???

    Moritz zieht wie meist Grimmassen, lässt aber glücklicherweise alles über sich ergehen. Ich atme tief durch. Die Schwester wirkt leicht genervt. Just in diesem Moment schaue ich noch mal auf die Elterninformation zum Betropfen der Augen. ... Die hatte ich das letzte mal bekommen. ...Normalerweise schaue ich mir so was einen Tag vorher an, aber da waren wir beim Zahnarzt. ... Dort steht also, dass das Betropfen der Augen nach 10 Minuten wiederholt werden muss. ... Bevor mir die meinigen vor Schreck fast rausfallen, flitze ich los und hole das nun völlig gehandikapte Kind. Sohn auf Stuhl verfrachtet, Kopf festgehalten und Tropfen links und Tropfen rechts. Der Stuhl hat Rollen. Ich halte noch seinen Kopf und der Körper rollt schon weg. ...ER HASST mich. Das weiß ich ganz genau. ... hoffentlich müssen wir demnächst nicht noch zum Psychiater....

    Verwerfe schnell diese Gedanken und konzentriere mich weiter auf die Untersuchung. Jetzt ist Max dran. Moritz sitzt im Wartzimmer und ich höre aus selbiger Richtung Entengeräusche.

    Eineinhalb Stunden später und 25 Seiten Heinzelmännchen-Enzyklopädie weiter verlassen wir endlich die Praxis.

    Auf dem Weg nach Hause freue ich mich darauf, dass Abendbrot vorzubereiten. Es gibt Stulle mit Brot, das macht keine Arbeit. Und Wäschewaschen fällt heute aus.

    Daheim angekommen, werden erst mal die Schulsachen kontrolliert. Moritz’ Hausaufgabenheft ist entgegen meiner Hoffnung beschrieben. Wieder Mutter-Motivations-Lächeln und Mathe machen... Brüche kürzen und dann ausrechnen. Wie ging das noch? Moritz heult, „ Hahabe i ich vergessen“ Wir rufen Lisa an. AHA Reziproken bilden, jetzt bin ich schlauer !!! An einem Beispiel mit Hörer in der Hand, kapiere ich halbwegs, wie das funktioniert. Wir rechnen und rechnen, Telefon klingelt, Lisa dran „ich wollte nur sagen, das ging doch anders “ Ich sehe auf ein A4-Blatt voller Zahlen und habe die Nase voll. Hausaufgaben werden abgebrochen.


    Ich vergaß zu erwähnen, dass ich Max gleich nachdem wir zu Hause angekommen sind, in die Wanne gesteckt habe. ..Sehe also nach, ob er ersoffen ist. ...nee, glücklicherweise nicht, aber Schrumpelhaut wie Oma Frieda. Angle den verstörten aber wieder sehenden Max aus dem lauwarmen Wasser, trockne ihn ab und bearbeite ihn mit Salben und Pasten (wegen seiner Neurodermitis). Schlafanzug zieht er sich selbst an. Ich gehe wieder in die Küche. Moritz packt seine Schultasche. Ich will auch packen ... und abhauen, entscheide mich aber für das Packen der Frühstücksdosen. ... UND bin stolz auf mich !!!...

    Endlich Abendessen! Gleich ist Ruhe. Ich kriege vor Freude nichts hinter ... da muss wohl später ne Tafel Nougatschokolade dran glauben..

    Jetzt noch Zähne putzen. Max wagt nicht mehr zu widersprechen. Liebevoll bringe ich mein 6jähriges Kind ins Bett, drücke und küsse es.
    Moritz hat sich in seinem Zimmer verschanzt. Ist ebenso wie ich froh, endlich seine Ruhe zu haben.

    Seitdem ich mir heute früh die Zunge verbrannt habe, ist das der erste Moment, der wieder MIR gehört. Dann klingelt mein Telefon, meine beste Freundin ist dran. Ich heule mich aus und sie? ....... kriegt sich vor Lachen nicht mehr ein. Ich soll das unbedingt niederschreiben .... habe ich jetzt auch getan und zwischenzeitlich noch mindestens 3-Gute-Nacht-Küsse verteilt......

    #2
    AW: ein ganz normaler Tag in meinem Leben Teil 2

    Liebe Andrea,

    du beschreibst einen wirklich ganz normalen Tag in unserem Leben. Manchmal frage ich mich auch, wie wir das eigentlich alles schaffen. Dazu verwundert mich ab und zu noch obendrein, dass viele davon ausgehen, dass wir es ja so haben wollen. Dabei würden wir auch viel lieber am Plantschbecken sitzen und uns über die neuste Mode und die nächste Gestaltung unserer sorgfältig gefeilten und immerhin 2 cm langen Nägel unterhalten. Die Zeitschrift "Vogue" dabei auf dem Schoss und einen Pina Colada lässig in der rechten Hand haltend, während unsere Freundin zur linken, gerade unseren spontan vereinbarten Kurz-Wochenend Trip nach Mallorca mit ihrem neu erworbenen I-Phone bucht. Wohl dem, dem das Leben nicht langweilig wird und die Lust am Leben auch durch solche stressige Momente nicht verloren geht.

    Ich finde, wir sind total coole und starke Eltern!

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      #3
      AW: ein ganz normaler Tag in meinem Leben Teil 2

      Hallo Myriam,

      genau, Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

      Und was gibt mir schon die neueste Ausgabe der Vogue? Ich sehe Frauen mit Embryonaltaille, die noch dünner, glatter, leuchtender retuchiert werden. Diese Bilder habe ich am nächsten Tag vergessen, aber die Erinnerungen, die ich mit meinen Kindern habe, bleiben immer in meinem Gedächtnis. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.

      Ich finde uns auch cool und stark.

      Mach weiter so

      lg Andrea

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        #4
        AW: ein ganz normaler Tag in meinem Leben Teil 2

        Hi Andrea, so gut beschrieben, man fühlte richtig mit. Du bist aber eine starke Frau, wirklich,
        würde ich das so hin kriegen? Nein, bestimmt nicht,danke für die Schilderung deines Tagesablaufes
        LG Michael und Enzian

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