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Wohnträume für Menschen mit hohem Bedarf geplatzt

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    Wohnträume für Menschen mit hohem Bedarf geplatzt

    Mit einer sehr traurigen Nachricht endete am 09.03.2019 offiziell für viele Betroffene mit hohem Hilfebedarf sowie ihren Eltern und Angehörigen der Traum eines Wohnens außerhalb des Elternhauses im Raum Main-Spessart, hier Neustadt am Main.

    Als Gründe hierfür wurden von dem Anbieter, die St. Josefs Stiftung Eisingen, die expandierenden Kosten im Baugewerbe, fehlenden Aufnahmeanfragen und nicht stimmige Rahmenbedingungen angeführt. Zum Schluss hätten nur noch 13 Aufnahmeanfragen dem Geschäftsführer vorgelegen und diese seien für eine Planung eines Wohnheims mit 16 Plätzen* ein unkalkulierbares Risiko.

    Trotz allen Anführungen, diese Nachricht ist für die Betroffenen ein harter Schlag ins Gesicht und das Ausmaß der Folgen ist überhaupt noch nicht abzuschätzen. Eltern die teilweise bereits über 80 Jahre alt sind haben im Vorfeld seit Jahren händeringend um eine Versorgung gekämpft und stehen nun vor einem Aus! Die Zeit rennt ihnen davon. Eine heimatnahe Unterbringung ihrer Kinder, die sie teilweise seit mehreren Jahrzehnten gepflegt und betreut haben, wird immer unwahrscheinlicher.

    Wir erinnern hier an einen heiß diskutierten Thread, bzw. Beiträge im Vorfeld zur Planung und zum Bauvorhaben dieses Wohnheimes in unserem Forum. Dem ganzen ging eine sehr kontroverse Diskussion voraus.


    Mittlerweile haben die Eltern über 4 Jahre lang gehofft, gekämpft und sehnlichst auf das Angebot zur Entlastung und Sicherung der Zukunft ihrer Kinder gewartet. Es stellt sich ihnen nun wieder erneut die Frage: "Was wird aus meinem Kind, wenn ich es nicht mehr kann?"
    Fett gedruckt steht diese nun im Raum. Wer zeichnet sich jetzt für die Versorgung verantwortlich?

    Wie soll es denn jetzt nur weiter gehen? Greifen die Eisinger bei angepassten Rahmenbedingungen das Vorhaben noch einmal auf, oder wird sich die Lebenshilfe wieder dem Thema zuwenden und die Planung engagiert angehen und vor allem ist es überhaupt (noch) möglich, die Rahmenbedingungen für Menschen mit hohem Hilfebedarf angemessen zu verbessern? Hoffen wir auf ein gutes Miteinander aller Beteiligten, denn im Vordergrund steht der Mensch und seine Bedürfnisse ein lebenswertes Leben zu führen und das ist kein Sachwert, der mit Wirtschaftlichkeit aufgewogen werden sollte.

    Wir bleiben dran und werden die Notlage der Versorgung von Menschen mit hohem Hilfebedarf im Raum Main Spessart weiter beobachten.

    *16 Plätze sind die Mindestvorgabe des Bezirks Unterfranken, da erst ab dieser Bewohnerzahl eine notwendige Nachtwache finanziert wird.


    Weitere Informationen kann man im MAIN-ECHO Ausgabe Main Spessart vom 09.11.2019, sowie in der Ausgabe der Main-Post nachlesen.
    Zuletzt geändert von Kirsten; 13.03.2019, 09:37.

    #2
    Da ist ja wirklich Land unter in Unterfranken. Kann mich noch gut an die Ausgangslage von Aschaffenburg erinnern. Eingliederungshilfe scheint spärlich Gut und ich frage mich, ob es mit dem BTHG besser wird? Dann die 266€ mit denen sich die Pflegeversicherung aus der Affäre zieht......Ist jetzt hier nicht die Politik gefragt!

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      #3
      Hallo zusammen,

      Zitat von Myriam Beitrag anzeigen
      Da ist ja wirklich Land unter in Unterfranken. Kann mich noch gut an die Ausgangslage von Aschaffenburg erinnern.
      tja, die Ausgangslage in Unterfranken. Zu dieser Zeit wurde politisch einiges erreicht - aber die Umsetzung... naja...

      Wenn man überlegt, dass diese Geschichte vor mehr als 5 Jahren angefangen hat, kann ich mir kaum vorstellen, wie es den betroffenen Familien gerade geht. In dem ganzen Thread sind einige lesenswerte Beiträge, auch wenn viele Links nach 5 Jahren leider nicht mehr funktionieren.

      Kommentar


        #4
        Hallo zusammen,

        solche Nachrichten müssen sich manchmal erst "setzen". Ich habe heute einen Leserbrief losgeschickt und hoffe, dass er veröffentlicht wird.

        .
        Leserbrief zum Artikel von Johannes Ungemach (Main-Echo vom 09.03.2019)
        Pläne für Behindertenwohnheim in Neustadt sind geplatzt

        Eltern von behinderten Töchtern und Söhnen haben große Probleme, eine geeignete Wohnmöglichkeit für ihre erwachsenen Kinder zu finden, denn in Unterfranken gibt es seit vielen Jahren eine Unterversorgung.

        Insbesondere Menschen mit hohem Hilfe- und Betreuungsbedarf haben zudem keine Wahlmöglichkeiten, wo und mit wem sie wohnen wollen. Die Bewohner werden nach ihrer Arbeitsfähigkeit (in der WfbM) und auch nach Art und Schwere der Behinderung in verschiedenen Einrichtungen separiert.

        Die meisten Betroffenen wünschen sich ein möglichst normales Miteinander und Mittendrin und verzweifeln an der strikten Trennung nach Art und Schwere der Behinderung, die eine zunehmende Isolierung bewirkt. Kleine, heterogene Wohnformen für Menschen mit hohem Hilfe- und Betreuungsbedarf gibt es in Unterfranken nicht und waren - zumindest bisher - auch nicht im Blick- und Planungsfeld der Entscheidungsträger. Die so oft beworbene Inklusion scheint für diese Menschen nicht vorgesehen zu sein.

        Deshalb – und auch wegen des unzureichenden Personalschlüssels in den Einrichtungen - versuchen immer noch viele Eltern, ihre erwachsenen Kinder möglichst lange selbst zu versorgen.

        Besonders die betagten Eltern haben sich seit mehr als fünf Jahren auf das Versprechen verlassen, dass eine wohnortnahe Einrichtung gebaut wird. Da kann es auch kein Argument sein, dass es “nur“ 13 Anmeldungen seien, es aber 16 sein müssten. Angesichts einer Generation von Eltern, die wie beschrieben ihre Kinder noch zu Hause betreuen, ist das absurd. Ein Drama für die Betroffenen, die jetzt erleben, dass sie in ihrer Not wieder allein gelassen werden.

        Was geschieht nun mit den betroffenen Familien, die dringend auf die Unterstützung angewiesen sind? Was machen diese Eltern, wenn sie die Betreuung und Versorgung nicht mehr schaffen? Es ist höchste Zeit, Familien mit behinderten Töchtern und Söhnen beim Aufbau von geeigneten Wohnmöglichkeiten und kleinen Wohngruppen zu unterstützen - bevor es angesichts schlechter und fehlender Perspektiven Verzweiflungstaten gibt.

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          #5
          Wenn ich nicht Mutter eines Kindes mit hohem Hilfebedarf wäre, nicht in Unterfranken leben würde, was würde ich beim Lesen der Beiträge denken? Ich weiß es wirklich nicht. Was mich aber immer wieder antreibt nicht müde werden lässt im Kampf um Verbesserung für unsere Mensche die auf Hilfe angewiesen sind ist, wach und mit offenen Augen durch unser Land zu gehen.

          In dem o.g. Artikel werden 5 Millionen als nicht überwindbare Hürde angegeben. Ich glaube den Eisingern, dass es finanziell auf diese Art ein Risiko wäre, nur, ist hier nicht die Politik und ihre Verwaltung in Unterfranken gefragt? Hätte man nicht im Vorfeld besser verhandeln müssen? Wird das Fachwissen der Pädagogen von der Verwaltung untergraben? Was bekommen wir Eltern und Betreuer überhaupt offiziell mit? Sind wir am Ende nur noch Kunden und bekommen eine Dienstleistung angeboten? Eine sich selbst wirtschaftlich tragende Dienstleistung ohne Blick auf Menschenwürde, Achtung vor dem hilflosen Leben und/oder auch Lebensqualität? Gut stimmt schon, selbsttragend ist sie nicht. Es sind die verwalteten Gelder von uns Mitbürgern, die die Hilfe für die Schwächsten unserer Gesellschaft stemmen.

          Durch meine überregionale Arbeit in der Selbsthilfe, oder auch Verbandsarbeit werde ich mit vielen Ansichten, Einsichten und Ist- Zuständen konfrontiert. Ich muss meine eigene Lage oftmals hinterfragen, oder auch hintenanstellen und mich auf meine Arbeit konzentrieren. Das gelingt mir auch, weil ich es nicht nur von Grund auf gelernt habe, sondern weil wir in einer Demokratie leben.

          Aber gerade weil wir in einer Demokratie leben, die UN Behindertenrechtskonvention anerkannt haben und zudem mit der Umsetzung des BTHG´s vieles neu auslegen, verstehe ich manches nicht mehr oder fange an, mit dem einen oder auch anderen zu hadern. Wir propagieren die Vorteile des neuen BTHG´s und frieren geplante Wohnprojekte ein weil sie zu kostenintensiv werden könnten.

          Mein eigenes Kind lebt in einer Wohngemeinschaft des St. Josefs Stift Eisingen. Ich habe gerade wieder das ärztliche Attest abgeholt aus dem hervorgeht, dass mein Kind welches eine schwere Epilepsie hat, nachts zu seiner eigenen Sicherheit fixiert werden muss. Ich bin einverstanden, weil es gar nicht anders geht. Warum werde ich immer wieder gefragt. Ja, warum geht es nicht anders? Weil es einfach nicht mehr Geld gibt und die Leistungsträger die Kostenanteile der eigentlich Zuständigen, nämlich der Pflegekassen, nicht vollends oder überhaupt im Rahmen der Finanzierung auf SGB12 (Eingliederungshilfe) übernehmen wollen. Letztere, also die Pflegekassen, weigern sich konsequent mehr als die 266€ zuzusteuern, auch wenn es um den Schutz des Lebens von Bewohnern geht. Das ist ein Bundesweites Problem. Es gibt an dem ganzen nur einen Pferdefuß, nämlich dass sehr wohl der Bezirk die finanziellen Lücken füllen müsste, was er aber nur teilweise tut. Man könnte verzweifeln, schreien und immer wieder den Finger in die Wunde legen und sich fragen, warum diese Lücke der Finanzierung zu Lasten der hilflosen Menschen und damit auch dem Personalschlüssel geht? Immer mehr Betroffene und ihre Angehörigen verzweifeln an dem System, an der Caritas, der Lebenshilfe und last but not least der Verwaltung. Ganz oben aber stehen wir alle selbst. Ohne uns gebe es keine einzige der angeführten Institutionen, ohne uns Menschen, würde es nicht die Hilfebedürftigen geben. Ohne unsere Menschen in unserem gesellschaftlichen System die sich nicht selbst unterhalten können, wären Teile der Verwaltung, der angeführten Verbände, schlichtweg arbeitslos. Sind wir also nicht alle in der Verantwortung?

          Und warum ich euch hier so persönlich schreibe? Weil ich in meiner ehrenamtlichen Arbeit über Berichte aus ganz Bayern wöchentlich sitze. Freiwillig und ohne Vergütung, des Wissens und der Bildung wegen und um Fragen zu stellen. Ich sehe die unterschiedlichen Hebesätze der einzelnen Bezirke, die unterschiedlichen Ansprüche und die unterschiedlichen finanziellen Ansätze, wenn es um die Wohnprojekte geht, oder auch überhaupt um Einrichtungen der Behindertenhilfe.

          In dem Leitartikel geht es um 4,5 Millionen und das 5 Millionen nicht zu stemmen sind. Aus einem anderen Bezirk habe ich gleichzeitig einen Artikel vor mir liegen, wo es um angesetzte 6,8 Millionen geht. Man kann Äpfel nicht mit Birnen vergleichen, aber kann man wirklich immer alles mit Geld und Ausgaben erklären, wenn es um die Lebensqualität von Menschen geht, die eigentlich einfach nur ein bisschen am Leben teilhaben möchten? Wenn es darum geht, dass über 80 jährige Eltern einfach mal an sich und an das Loslassen und schlussendlich sterben denken möchten? Wie arm stehen wir am Ende in Teilen Bayerns gegenüber der Gesellschaft da? Manchmal, ganz ehrlich, schäme ich mich und weiß noch nicht einmal warum gerade ich das mache? Vielleicht weil ich Mutter bin, vielleicht einfach auch, weil ich eine gute und sozialgeprägte Schulbildung auf einer von Nonnen geführten Schule hatte. Für mich bedeutet Sozialverständnis einfach jeden Menschen als Ganzes, ohne wenn und aber und als gleichberechtigt im System zu sehen.

          Zuletzt geändert von Kirsten; 14.03.2019, 08:11.

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